Widerhakenloses Fischen hat eine jahrhundertelange Tradition in der Schweiz, nicht zuletzt da importierte Haken mit Widerhaken früher kaum erhältlich und zu teuer waren und man sich deshalb mit gebogenen Nadeln als (widerhakenlose!) Haken behalf.
Wenn danach dann fast die letzten hundert Jahre mit Widerhaken gefischt wurde, so entsprang das wohl der Angst, eventuell mal einen gehakten Fisch zu verlieren. Abgesehen davon, dass bei richtiger Führung auch an widerhakenlosen Ködern kaum Fische verloren werden, ist das Risiko für Verletzungen oder stressbedingte Todesfälle für Jungfische einfach zu hoch.
Nicht nur unsere Rücksicht gegenüber dem Fisch und der Blick auf die geschrumpften Bestände verlangen imperativ den Verzicht auf Widerhaken beim Fischen in Fliessgewässern, sondern seit 2008 auch das Gesetz.
Nur indem begabte Fliegenbinder von heute die erfolgreichen Muster von gestern nachbinden und fischen, kann diese einmalige Kulturgut vor Zerstörung und dem Vergessen bewahrt werden.
Camole d'Ossola- widerhakenlose Tessiner TraditionsnymphenDie Camole d'Ossola wurden bereits im 18. Jahrhundert in Norditalien zum Fischen auf Forellen und Aeschen gebunden. Schon bald wurden sie aber auch im Tessin erfolgreich eingesetzt und weiterentwickelt. Sie gehören deshalb zum fischereilichen Erbe der Schweiz. Gebunden werden die Camole auf Nähnadeln, die mittels feinen Zangen zum widerhakenlosen aber gebogenen und seitlich verschränkten Haken gebogen wurden. Das Vorfach- früher Pferdehaar, dann Seidenwurmdarm, heute aus Nylon wird direkt als Doppelstrang einbunden. Camole wurden als Nymphensatz (3-5 Nymphen, genannt camolera) fertiggestellt und auf kleinen Kartons aufgewickelt mitgeführt. Auf gleichen Haken wurden auch Nassfliegen gebunden und dann als "moschera" eingesetzt. | |
Camola bianca | Mappa di Otra di Balbuccia 1775 |
Hinweise aus dem nordtitalienischen Val Sesa weisen zudem daraufhin, dass auch Trockenfliegen im Einsatz waren.
Haupteinsatzgebiet war das Fischen im Bach und Fluss mit der langen Rute- vergleichbar mit der japanischen Tenkara Fischerei- in späteren Jahren mit Laufrolle. Die Nadelhaken halten wegen ihrer gebogenen Form trotz fehlendem Widerhaken den Fisch sicher, erlauben aber eine effiziente und bestandesschonende Fischerei, da untermässige Jungfische schnell und praktisch unverletzt vom Haken gelöst werden können. Diese widerhakenlosen Fliegen waren unglaublich erfolgreich. Und sie sind es noch heute. Die bekannten Bündner Nymphen dürften nach diesen Vorbildern an die Anforderungen der Berggewässer adaptiert worden sein. Quellen: Fischereimuseum Caslano, Tessiner Fischer, La pesca a mosca valsesiana Weitere historische Hinweise zu den Camole sind willkommen. |
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Die Camolera und Moschera wurden noch bis in die 90er Jahre gut verkauft |
Camole d'OssolaDie weissliche Camola (Camola bianca= weisse Made) ist der eigentliche Klassiker und gehört mit schwarzer oder roter Rippung in jeden Standardnymphensatz. Ausserordentlich fängig waren die weissen Nymphen beim Äschenfischen im Sommer und Spätherbst. Daneben wuren unzählige Varianten entwickelt, davon einige von den Fischereiatikelhändlern im Tessin verkauft- die besten aber von den Fischern selbst gebunden und erfolgreich eingesetzt. |
Tessiner fischereiliche Tradition: Mosche d'Ossola- widerhakenlose Nassfliegen |
Mosche d'Ossola- Wet fliesMosche d'Ossola- Nassfliegen wurden auf dieselben Haken aus gebogenen Nadeln gebunden. Sie wurden gemischt mit den madenartigen Camole- Nymphen oder als eigener Nassfliegensatz (moschera) eingesetzt, je nach Grösse und Farbe ein hervorragender Köder auch auf Forellen, die ganze Saison über. |
Weiterlesen: Hintergründe zum Widerhakenverbot in der Schweiz
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